"Einzig der Montag ist den Windeckers heilig.
Seit über 30 Jahren betreibt die Landwirtsfamilie Windecker auf ihrem Hof in Steinbach einen Direktvermarkter-Laden. Anfangs gab es dort nur Eier und Hühner zu kaufen. Heute gelten die Windeckers als Spezialisten für frisches Wild und Geflügel und verkaufen Backwaren aus selbst angebautem und gemahlenem Getreide.
Wer Gottfried Windecker genau zuhört, der fragt sich, wann der Mann schläft. "Ja, das ist schon ein Problem", sagt der Landwirt und Ladenbetreiber in Personalunion in seiner ruhigen und bedächtigen Art. Seinem Sohn Michael, der mit auf dem Hof der Familie in der Eschborner Straße 32 in Steinbach das Geschäft "Windeckers Spezialitäten" betreibt, ergeht es nicht besser. Man steht bereits morgens um halb vier auf, um frisches Brot, Brötchen und Kuchen zu backen. Das Rohmaterial dafür, Roggen und Weizen, produzieren die Windeckers auf 15 Hektar Ackerfläche sozusagen nebenbei - und vermahlen seit zwei Jahren das Korn frisch in der eigenen Mühle.
Um sieben Uhr morgens öffnet der Laden - Stammkunden klopfen auch schon mal früher an die Backstube. Von 13 bis 15 Uhr ist der Laden geschlossen. In der Küche der Windeckers brodelt es derweil in den Töpfen. Sohn Michael, ausgebildeter Metzger, bereitet das von Bauern und Jägern direkt angelieferte Fleisch verkaufsgerecht zu und kocht aus den verschiedenen Fleischsorten Soßen. Wenn der Laden um 18 Uhr schließt, ist für die Familie aber noch lange nicht Feierabend. Dann widmen sich die Windeckers den eigenen Kartoffeläckern und dem Getreide sowie den Pferden, die in ihren Boxen stehen. Einzig der Montag ist der Familie als Ruhetag heilig.
Mit der Landwirtschaft ist Gottfried Windecker groß geworden, den Gedanken zur Selbstvermarktung entwickelte bereits sein Urgroßvater. "Er ist mit seiner Milch nach Frankfurt gefahren und hat sie in Bockenheim von Haus zu Haus verkauft", erzählt er. Vor über 30 Jahren baute Windecker die Schlachträume auf dem Hof in einen Laden um, den er im Lauf der Jahre schrittweise erweiterte. "Am Anfang haben wir nur Eier und Hühner verkauft, das ist dann immer mehr geworden." Seit Jahren ist der kleine Hofladen der Familie unter Feinschmeckern für frisches Geflügel aus dem Vogelsberg und Wild der Saison aus der Rhön und aus dem Hunsrück bekannt.
"Im Herbst und besonders in der Vorweihnachtszeit ist hier die Hölle los", sagt Gottfried Windecker. Samstags ständen die Autos dann vor dem Hof Schlange. "Wir mussten sogar für eine zweite Ausfahrt sorgen, damit sich die Leute nicht ineinander verkeilen." Jetzt, in den heißen Sommermonaten dagegen lasse die Lust der Menschen auf Fleisch und Wild spürbar nach. Eine willkommene Atempause für die Windeckers, die dann ihr Getreide in die Scheune bekommen müssen.
Ob die Geflügel- und Wildspezialisten von der BSE-Krise profitiert haben? "Anfangs sind die Leute gewaltig auf Wild und Geflügel ausgewichen", sagt Gottfried Windecker, "wir haben deutlich mehr Wildschweine verkauft als sonst." Inzwischen sei davon aber nichts mehr zu spüren. "Die Leute haben sich vermutlich an Geflügel satt gegessen und sind auf Schweinefleisch umgeschwenkt." Stammkunden, die so ausgefallenes wie Flugenten, Fasan, Feldhase oder Wildschwein suchen, kommen nach wie vor nach Steinbach.
Bis zu dreimal pro Woche bekommen die Windeckers die Fleischlieferungen aus Hunsrück, Rhön und Vogelsberg. Die Lieferanten kennt Gottfried Windecker persönlich und verkehrt per Du mit ihnen. Die Windeckersche Besonderheit: Zu jeder Fleischsorte können die Kunden auch den passenden Fleischfonds oder die fertige Soße aus eigener Produktion kaufen. Gewissermßen als Nebenprodukt des Windeckerschen Party-Services bietet die Familie für vom Feiertag gestresste Köchinnen oder Küche einen weiteren Service an: Sie können die obligatorische Weihnachtsgans gegen Aufpreis auch schon fertig gebraten bestellen." (Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 21.08.2001) |